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"Volunteer - Youth - Online"- Reisebericht Murmansk | ||||||||||
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Sonnabend, 22. Juli 2000 Nach dem langen Discoabend (für mich bis 3 Uhr abends) kommen alle schwer aus den Federn, daher bleibt nur Zeit für ein sehr hektisches Frühstück. Danach müssen wir alle zum Bus "getrieben" werden, von Nasdja. Unsere Gastgeber und Begleiter sind, glaub ich, etwas angesäuert ob der Langatmigkeit unserer Gruppendynamik. Der vormittägliche Programmpunkt lautete "Oceaneum". Dort sollten, wollten, konnten wir uns eine Vorführung mit Seehunden anschauen. Mit dem Bus ging es nördlich aus der Stadtmitte heraus...Wir fuhren eine Weile und schauten aus den Fenstern... Es ist deprimierend überall der Verfall von Bausubstanz zu sehen, den Schmutz, zerbröckelnde Gehwege, zerlöcherte Straßen, dahinrostende Geländer, Bushäuschen, Buden... Die Buden sind eigenartige Gebilde, winzige Lug´ken, die Glasscheiben vollgestellt mit Waren und Preisen ,aber alles wirkt leicht verblichen, leicht verstaubt. Ich habe oft ein so bedrücktes Gefühl, wenn ich die Atmosphäre der Stadt wirklich auf mich wirken lasse... wenn man die Menschen in den Straßen anschaut...Wir sind als Touristen, als Ausländer, in der Gruppe, anscheinend sofort zu erkennen. Man sieht es an den Blicken der Leute,... beobachtend. Aber kein Lächeln als Antwort...ist das nun Mentalität oderallgemeiner Ausdruck der Lebenssituation...? Ist es das nordisches Temperament? Norddeutsche sprühen ja auch nicht gerade vor Temperament!) Vielleicht muß ich noch genauer schauen, aber mit der Gruppe um mich herum läßt sich schwer beschaulich Beobachten und Reflektieren... ...und dann immer diese Hast! Diese Eile, mit der unsere Gastgeber uns zu den Sehenswürdigkeiten und Programmpunkten "jagen". In uns steckt mehr eine Sehnsucht nach ruhigem Schauen und Wahrnehmen, ein Urlaubsgefühl halt... Das "Oceaneum": ein großes, weißes Gebäude in Form eines Iglus... aber auch bei diesem ehemals prächtigen Bau blättert die Farbe, das Umfeld wirkt trostlos.... zwar idyllisch mit einem nahegelegenen kleinen See... aber überall ringsum Papier, Dosen, Gemöhle... Dennis bleibt leider draußen, aber er kann den Geruch nicht ertragen, der im Hause herrscht... eine Mischung aus abgestandenem Wasser, altem Fisch und Tieren... Im Inneren ein kleines Becken für Vorführungen und dahinter in kleinen "Wasserverschlägen" nach allen Seiten abgesichert durch Netze: die Seehunde. Schon dieser Snblick heischt Mitleid..die folgende Vorführung der Dressurkunst des Menschen an diesen wundervollen Tieren tut mir eher weh, als daß ich mich darüber freuen könnte...Doch die Aufmerksamkeit und Zustimmung heischenden Blicke der Gastgeber bzw. der uns begleitenden Russen nötigt mir einen "Eiertanz" zwischen Klatschen und großer innerer Trauer um das Schiksal dieser Kreaturen ab... FOTO Inzwischen können sie auch nicht mehr ins Meer zurück. Dressur und Anpassung an den Menschen haben sie ihrer ursprünglichen Instinkte und Überlebensmöglichkeiten verlustig gehen lassen. (Wieviel haben wir uns selbst der Dressur/ Anpassung unterworfen? Den äußeren Zwängen, halb freiwillig(?)... denn Natur und Wildheit hat ihren Preis...) Nach der Vorführung gehts wieder an die frische Luft. Wir machen noch einen Spaziergang zu "Aljoscha", zum Wahrzeichen der Stadt. Auf dem Weg dorthin Fotos von einer Werbetafel: so was in die Richtung: "Wir lieben unsere Stadt" darauf ein geschöntes Bild von Murmansk.. hinter der Tafel dann die Realität... wir nähern uns dem Aljoscha langsam von hinten... ein riesiggroßes Beton"ungetüm"... zu Ehren der im 2.Weltkrieg in Verteidigung der Heimatstadt gefallenen Soldaten. Murmansk ist eine der wenigen Städte in Russland mit dem Titel "gorod geroi" -Heldenstadt-, eine besondere Auszeichnung. Zwei Drittel der Stadt waren durch Luftangriffe und die daraufhin ausbrechenden Feuer vernichtet worden... FOTO Aljoscha ist ein mächtiger junger Mann, das Gewehr kraftvoll vor der Brust schaut er energisch und ernst über/auf die Stadt. Die ewige Flamme zu seinen Füßen hat die desolate Finanzsituation erkalten lassen... Aber während wir den mächtigen Soldaten und die Weite der Landschaft auf uns wirken lassen...erscheint eine Hochzeitsgesellschaft. Ganz selbverständlich legt das junge Brautpaar den Brautstrauß zu Aljoschas Füßen ab und läßt sich mit ihm zusammen fotographieren... die Traditionen sind noch lebendig; es scheint kein Zwang oder Falscher Pathos zu sein... Von Aljoscha aus fahren wir ersteinmal wieder ins Wohnheim. Nachmittags unternehmen wir den zweiten Anlauf zur Kutterfahrt in die Bucht. Das Wetter ist göttlich, strahlend blauer Himmel und Sonnenschein.... Diesmal geht die Tour ein bissel mehr gen Norden, man fähr an Aljoscha vorbei...wir stehen auf dem Vorderdeck und lassen uns von der frischen Brise umschmeicheln... FOTO Wenn ich zu den Ufern hinblicke überkommt mich so eine Sehnsucht nach Landschaft, die gegenüberliegende sanfte "Hügeligkeit" ruft mich förmlich... ach, ich möchte so gern laufen, durch Grün, in die Weite schauen, Ruhe, keine Stadt.... eine Wandertour...aber wann sollte ich?... und allein wäre wohl auch nicht so gut... aber wer hätte schon Lust mit mir zu wandern?? Wir kommen an den Murmansker Hafenalagen vorbei, vorbei an den zwei großen Atomeisbrechern im Trockendock. Sie werden n den Sommermonaten wieder auf Trapp gebracht. Im Güterhafen ist für uns nur Kohle sichtbar; riesige Haufen, Halden werden von Schiffen verladen. Vorbei geht es an unzähligen Wracks, welche einfach zur Seite geneigtan den Ufern lagern und still vor sich hin rosten. Die Wracks lagern wie müde Krokodile am Ufer und rosten ihrem Ende entgegen... FOTO Jedesmal wenn ich solche Bilder der Vernachlässigung, Verarmung, Rost, usw.beschreibe... habe ich gleichzeitig ein mulmiges Gefühl unseren liebenswürdigen Gastgebern gegenüber. Sie möchten uns so mit aller Kraft die Schönen Seiten ihrer Stadt zeigen... und ich scheine nur die Unzulänglichkeiten festzuhalten... Ungerecht irgendwie... Dabei fühlen wir uns hier pudelwohl... das bestätigen mir die anderen aus der Gruppe. Wir sind om Urlaub hier, alles hat einen touch von Abenteuer und Entdeckung, wir müssen nicht bleiben . Wir essen wieder im "Schokoladnitza". Natascha führt uns eine liebenswerte Geschichte mit einer Serviette vor, ähnlich unserem "Hans im Glück" verliert er zwar seinen Besitz, sein Grundstück, aber er hat während all seiner Erlebnisse das Glück gefunden...?...?! FOTO ![]() |
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Projektbeschreibung | ||||||||||
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